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Entscheidungen und Folgen


Gestern spielte ich mit einer jungen Frau, die noch nicht sehr lange golft. Ich pfefferte einen gehörigen Drive in die Fairway-Mitte. Als wir beide zu unseren Bällen gingen und noch etwa 80 Meter von ihnen entfernt waren, fragte sie mich: "Heiner, welchen Schläger nimmst du jetzt für den zweiten Schlag?" Ich guckte sie an, zuckte mit den Achseln und meinte: "Das weiß ich noch nicht…" "Aber", sagte sie, und das sollte natürlich ein Kompliment sein,"Du hast doch ein gutes Handicap. Du wirst doch wohl wissen, welchen Schläger Du gleich aus Deinem Bag holst…" "Stimmt", sagte ich, "mein Handicap ist nicht so schlecht. Genau deshalb…" "Wie… genau deshalb?" "Weil ich noch nicht weiß, welchen Schläger ich nehme. Weil ich DAS immer erst entscheide, wenn ich das wirklich entscheiden kann. Nämlich, wenn ich am Ball bin."

Alles hat Konsequenzen – auch die Unentschlossenheit

Schließlich hat jede Entscheidung Folgen – möglichst die, die man sich wünscht. Ein Umzug hat Folgen. Ein Wohnungskauf hat Folgen, ein Nicht-Wohnungs-Kauf auch. Der Beginn einer Freundschaft hat Folgen, das Ende einer Freundschaft auch. Ein Jobwechsel hat Konsequenzen, ein Nicht-Job-Wechsel ebenfalls. Eine Ehe hat Folgen, eine Nicht-Ehe auch. Ein Ja zum Haustier hat Folgen, ein Ja zu Kindern hat Folgen, ein Nein auch. Ob gesundes Leben oder den Dispo zu überziehen, schnelles Autofahren, rasantes Radfahren, zu früh zu handeln oder zu spät, zu viel Liebe, zu wenig Liebe, zu viel reden, zu viel schweigen… zu wenig schweigen. Jede Entscheidung – ich sagte es schon – hat Folgen. Manche Folgen bedenken wir, manche übersehen wir, für manche sind wir blind. Oder zu jung, oder zu alt. Aber wie auch immer. Ausbaden müssen wir die Konsequenzen. Deshalb müssen wir an die Folgen denken… auch bei jedem Golfschlag. Und um möglichst die richtige Entscheidung zu treffen, müssen wir uns die Situation angucken. Aus der Nähe, nicht aus der Distanz. In diesem Fall auf dem Fairway: Wie liegt der Ball? Liegt er wie aufgeteet oder in einer Mulde? Wie weit will ich überhaupt – aufs Green oder reicht mir eine Landung kurz davor? Muss ich mit dem zweiten Schlag übers Wasser, über einen Baum, ‚schützt‘ ein Bunker das Grün? Was traue ich mir zu?

Ok, der Ball liegt gut, ich greife mir mein Holz fünf, Sekunden später landet der Ball auf dem Green. Nicht direkt ‚tot an der Fahne‘, aber immerhin auf dem Grün.

Eine gute Entscheidung hat zu einem guten Ergebnis geführt. "Super", sagte meine junge Mitspielerin, "und was hättest Du gemacht, wenn Du das Grün nicht mit dem zweiten Schlag getroffen hättest?" Gute Frage. "Dann wäre ich zu meinem Ball gegangen, hätte mir seine Lage genau angeguckt und hätte dann eine neue Entscheidung getroffen." 20.000 Entscheidungen treffen wir täglich, die meisten blitzschnell und aus dem Bauch heraus. Manche Entscheidungen sind nicht leicht zu treffen – aber sie sind dennoch notwendig. Sie nicht zu treffen, bedeutet in den meisten Fällen, dass jemand anders sie für Dich trifft.

Wie sagte schon Woody Allen: "Du kannst nicht zwei Pferde mit einem Hintern reiten." So isses. Auf dem Golfplatz und auch im "richtigen" Leben.

© Fotos: Suzanne Eichel

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