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Golf ist Massage für die Seele

Es gibt so Nachmittage - heute war so einer.

Die letzten Tage waren anstrengend - ich brauchte ein Ventil. Einen Ruhepol.

Zum Luftholen. Zum Durchatmen. Zum Nachdenken. Zum Abschalten. Zum Mich-Selbst-Fühlen. Zum Verwöhnen. Zum Alleinsein.

Gibt es eine gute Adresse für meine Seele?

Ja, sie hat auch einen Namen. Golfplatz. Meinen Golfplatz erreiche ich mit meinem Polo in sieben Minuten - Golf Club An der Pinnau. 27 Löcher, 100 Hektar, ein grünes Dorado. Meterhohe Bäume, die ich vor 40 Jahren noch selbst gepflanzt habe. Damals gingen sie mir bis zum Bauchnabel. Frösche, die quaken. Ein Kuckuck, der sich irgendwo versteckt und nicht zu bremsen ist. Störche, die für ihre Jungen im Horst nach Futter suchen. Roughs, die Bälle verschlucken. Menschen, die ich lieb gewonnen habe, und die ich schätze.

Ich denke an Lutz, den rührigen, umtriebigen, immer hilfsbereiten und kompetenten Chef im ProShop.

Ich denke an Piero, der die beste Pizzza backt, und ich denke an Pieros erwachsene Kids, die kalte Getränke servieren und leckeres Essen. Und alles IMMER mit einem Lächeln.

Genau dorthin bin ich heute nachmittag gefahren. Ich leistete mir einen Logenplatz - d.h. auf der Terrasse, im sonnigen Schatten, mit einem Blick über den Golfplatz, als würde ich in das grüne Herz von Schleswig-Holstein hineingucken.

Und dazu ein frisch gezapftes Grevensteiner.

Schon vor dem ersten Schluck spürte ich, wie alles von mir abfiel, alles, was mich störte, ärgerte, belastete.

Vor ein paar Tagen habe ich Prof. Dr. Matthias R. Lemke interviewt, Chefarzt und Ärztlicher Direktor der Heinrich Sengelmann Kliniken in Bargeld Stegen. Ein Interview bei einem Psychiater und Psychotherapeuten, der den Menschen tief in die Seele blickt. Reihenweise kommen die Menschen - zunehmend auch jüngere - zu ihm und seinen Ärzten in die Klinik.

„Die häufigste Erkrankung, die wir behandeln,“ sagte mir der Professor, „sind Depressionen. Früher waren beispielsweise Herz-Kreislauf-Erkrankungen die häufigste Ursache für Frühberentung - heute sind es seelische Erkrankungen.“ Der Professor weiter: „Die Depression ist eine ernste Erkrankung, die das Denken, Fühlen und Handeln tief-gehend beeinflußt, mit Störungen von Hirn-und anderen Körperfunktionen einhergeht und erhebliches Leiden verursacht.“

Gibt es denn wirklich eine Seele? fragte ich den Doc, der mich erstaunt ansah.

Er sagte mir. „Wir können kein MRT und keine Röntgenaufnahme von der Psyche, von der Seele, machen. Aber glauben Sie mir - die Seele ist für die Gesundheit der Menschen genauso wichtig wie das Herz, die Leber oder beispielsweise die Niere.“ Und er beruhigte: "Wir können die kranke Seele sehr gut behandeln."

Darüber dachte ich nach, als ich meinen Logenplatz auf der Pinnau-Terrasse genoß. Eigentlich wollte ich putten oder auf der Driving Range Bälle schlagen. Aber ich blieb sitzen, und ich spürte, was ich seit Beginn meiner 'Golfkarriere' spüre und weiß:

Golf ist eine wahre Freude für die Seele. Ein Labsal, ein Quellwasser, das nicht nur den erschöpften Wanderer erfrischt. Golf ist Massage für die Seele.

Wenn der Drive fliegt, wenn der Putt fällt, wenn die Annäherung 'tot am Stock' liegt...dann hat der graue Alltag keine Chance. Dann gibt es den einfach nicht - dann ist es so, als hätten wir einen Vorhang vor den Alltag gezogen.

Bye, bye Alltag.

Mir ging es gestern an der Pinnau ähnlich - obwohl ich gar nicht gegolft habe.

Ich habe nur in die Natur geguckt und dabei Menschen beobachtet.

Den Vater, der mit seinem kleinen Sohn auf dem Putting-Green stand und sich mit dem Junior abklatschte.

Die jüngere Frau, die mit der Linken ihren Trolley schob und an der Rechten ihren Rauhhaardackel an der Leine Richtung 1.Tee führte

Die älteren Herrschaften, die nach 18 Löchern müde aber happy vom SeNa, dem Seniornnachmittag, kamen und ein kühles Helles anstrebten.

Den Mann, der Annäherungen übte und nicht müde wurde, es immer noch einmal zu versuchen...

Die Damen, die kiechernd auf der Terrasse saßen und sich Pommes, Mayo und Ketchup gönnten.

Seelen-Kino war das!

40 Jahre bin ich nun Mitglied in meinem Golfclub An der Pinnau. 35.000 Kilometer - also fast um die ganze Welt - bin ich in diesen Jahrzehnten auf den Golfplätzen dieser Welt gegangen, bergauf, bergab, bei Wind und Wetter.

Freunde, die ich gewonnen habe in all den Jahren, habe ich beim Golfen kennengelernt.

Freunde, die ich verloren habe, sind mir ebenfalls zuerst beim Golfen begegnet.

Nun golfen sie ohne mich - so isses.

Golf ist Seelen-Therapie. Aber Golf ist auch wie das wahre Leben, sage ich immer. Du bist nie ganz sicher, wo der Ball landet. Viel zu oft nicht da, wo Du ihn gern hättest...

Aber was hätte ich all den Jahren OHNE Golf gemacht?

Sicher, ich hätte keine Bälle verloren...aber ich hätte in all den 40 Jahren auch weniger gelacht. Viel weniger gelacht. Und ich wäre nicht den Menschen begegnet, die es wert sind, ihnen begegnet zu sein.

Und dabei denke ich wieder an Lutz, den Chef im ProShop, und ich denke an Piero, sein Familien-Team und sein frisch gezapftes Grevensteiner...






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